Das grosse Wadi (8. Oktober 2010)
Im Morgengrauen steigen wir nochmals auf einen der Zeugenberge, um den Beginn des neuen Tages zu erleben. Das Licht hat heute Morgen eine ganz andere Farbe als am Abend zuvor, etwas kälter und härter im Schatten. Das grosse Wadi liegt uns zu Füssen, übersät mit Kugel- und Zeugenbergen.
Kaum zu glauben, dass hier vor Jahrtausenden riesige Ströme durchgezogen sind und alles grün und fruchtbar war. Wir haben viele Nachweise gefunden, die das bestätigen. Muscheln und Haifischzähne liegen hier in grosser Zahl herum. Aber auch Zeugen menschlicher Besiedlung haben wir vorgefunden, etwa ein natürliches Mumiengrab aus der Römerzeit, ganz hier in der Nähe.
Auch einzelne Pflanzen in Form von dürren Büschen kommen hier vor. Geht man ganz nah hin, erblickt man einzelne grüne Blättchen und zwischen den Büschen Spuren von kleinen Lebewesen (Skarabäen, Grillen, Echsen). Allerdings empfiehlt es sich, nicht einfach in die Büsche zu greifen, gelegentlich liegt möglicherweise auch ein Sahara-Skorpion oder eine Hornviper auf der Lauer – Spuren davon haben wir ebenfalls gesehen, aber (leider) keine Originale.

Zum letzten Camp

Und weiter geht die Reise in Richtung des letzten Camps, ohne allerdings noch mehrere Foto-Stopps einzuschalten, um lohnenswerte Motive einzufangen. Dionys kennt jeden Stein, jeden Hügel und vor allem alle guten Motive in dieser Gegend, da wird überhaupt nichts dem Zufall überlassen. Auch die besten Tageszeiten für die Aufnahme eines bestimmten Motivs werden in die Planung einbezogen.
Die Lage des Camps ist die schönste der ganzen Reise. Mitten auf einer riesigen Sanddüne, umgeben von zauberhaften Gebirgszügen, welche es natürlich im Abendlicht zu erkunden gilt.
Wie sieht eigentlich ein Camp aus? Die Wagen werden zu einer Wagenburg zusammengestellt und mit einem farbigen Paravent zum Schutz vor dem Wind ausgekleidet. Teppiche am Boden machen die gute Stube heimelig. Ein Tisch für die ganze Gruppe, etwa 30 cm hoch, einerseits und Platz für die Küche andererseits. Für jeden steht ein Campingstuhl zur Verfügung, wer will, kann natürlich nach Beduinenart auf dem Boden sitzen.
Ahmed und sein Küchengehilfe sitzen am Boden vor einem altertümlichen, aber sehr leistungsfähigen zweiflammigen Gasrechaud. Alles wird vor Ort immer frisch zubereitet. Auf einem Holzbrett wird manchmal zu viert Gemüse geschnetzelt und in den Pfannen gekocht. Es gibt meistens eine feine Gemüsesuppe und dann Reis, Kartoffeln oder Teigwaren mit verschiedenen Gemüsen und Saucen und selbstverständlich immer gutes Vollkorn-Fladenbrot. Alles sehr schmackhaft, gesund und hygienisch einwandfrei zubereitet. Ich glaube, ich habe noch nie eine ganze Woche so gesund gelebt. Und vor allem habe ich gelernt, dass es eine ganze Woche auch ohne Kühlschrank geht – wenn man kein Bier dabeihat.
Bald geht’s jedoch in die Schlafsäcke, um am Morgen nochmals früh aus den Federn zu steigen und den letzten Sonnenaufgang dieser traumhaften Reise zu geniessen.

