Fokussierung

Nichts ist frustrierender als nach einer durchfrorenen Fotonacht am anderen Tag festzustellen, dass die Fokussierung nicht stimmte. In der Astrofotografie hat man es stets mit praktisch unendlich weit entfernten Objekten zu tun. Obwohl die Objektentfernungen sich hier nicht ändern, sind die Anforderungen an ein brauchbares Verfahren zum Fokussieren besonders hoch.

Eine kurze Anleitung, in welcher ich beschreibe, wie ich persönlich vorgehe, damit ich garantiert scharfe Sterne auf den Sensor bekomme. Dabei verzichte ich auf wissenschaftliche Herleitungen und Erklärungen sowie auf zusätzliche Hilfsmittel wie Scheinerblenden usw.

Problem

Im Gegensatz zur normalen Fotografie bei Tage gibt es in der Dunkelheit bei der Unendlichkeits-Einstellung eine ganze Reihe von Problemen, welche beachtet und gelöst werden müssen:

  • Die Unendlichkeitsmarkierung am Objektiv stimmt nicht mit der tatsächlichen Fokusebene überein. Sie ist nur eine informative Angabe.
  • Die meisten Zoom-Objektive verändern den Fokuspunkt mit der Brennweite und/oder mit der Blendeneinstellung (fokus-shift).
  • Der Autofokus der Kamera funktioniert bei Dunkelheit nicht, da sowohl für Phasen- als auch für Kontrastmessungen nicht genügend Informationen verfügbar sind.
  • Manuelles Fokussieren durch den Sucher der DSLR geht bei Dunkelheit ebenfalls nicht. Man sieht in der Regel zu wenig; Sterne schon gar nicht.
  • Hat man den Fokus einmal gefunden, kann sich der Fokusring beim Manipulieren an der Einrichtung unbeabsichtigt verstellen.
  • Auch die Umgebungseinflüsse wie Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen sowie Vibrationen können einen Einfluss auf die Fokussierung haben. Sie sind aber in der Regel vernachlässigbar.

Fokussierung bei Nacht

Ich gehe davon aus, dass man die Kamera in der Dunkelheit praktisch blind beherrscht. Ich verwende für die Einrichtungsphase eine Rotlicht-Stirnlampe. Das funktioniert prima. Eine Investition, welche ich unbedingt empfehlen kann.

Es gibt in der Nacht zwei einfache Möglichkeiten, einen präzisen Fokus einzustellen:

Fokussierung auf einen Fixstern (Empfehlung)

  • Einnordung durchführen und Nachführung starten, damit ein einmal im Life-View gefundener Stern nicht mehr «davonwandert».
  • Alle Einstellungen (Brennweite, Blende, Zeit, VR Aus, etc.) an der Kamera vor der Fokussierung vornehmen, damit diese während der Manipulationen nicht unbeabsichtigt verstellt wird.
  • Mit mittlerer Life-View-Vergrösserung einen nicht zu hellen Stern aufspüren und grob scharfstellen. Dieser Vorgang ist etwas mühsam und erfordert einiges an Geduld. Einmal gefunden bleibt er dank Nachführung auch im Bild.
  • Den gefundenen Stern möglichst in der Display-Mitte platzieren und die Vergrösserung maximieren.
  • Über den Fokusring den Stern sorgfältig und sehr präzise fokussieren. Der Stern muss möglichst klein werden und beginnt bei bester Fokussierung leicht zu flackern.

Fokussierung auf ein terrestrisches Licht (Alternative)

  • Alle Einstellungen (Brennweite, Blende, Zeit, VR Aus, etc.) an der Kamera vor der Fokussierung vornehmen, damit diese während der Manipulationen nicht unbeabsichtigt verstellt wird.
  • Ein möglichst weit entferntes klar abzeichnendes und punktförmiges Licht im Life-View-Modus anvisieren. Ideal sind Strassenlaternen oder Positionslichter für Flugzeuge auf Bergspitzen
  • Das gewählte Objekt in die Mitte des Displays plazieren und die Vergrösserung des Displays maximieren, so dass das angewählte Objekt den Display fast ausfüllt
  • Mit dem Fokusring des Objektivs das Objekt maximal und sehr präzise scharf stellen. Das anvisierte Licht muss möglichst klein abgebildet werden.

Fokussierung bei Tag (Alternative)

Die Fokussierung bei Tag oder in der ersten Dämmerung ist wohl die einfachste Methode. Sie findet in der gewohnten Umgebung statt und ist bei richtiger Ausführung ebenfalls sicher. Allerdings sind einige Punkte speziell zu beachten, um spätere Enttäuschungen zu vermeiden.

  • Kamera mit dem gewählten Objektiv und der gewählten Brennweite auf einem stabilen Stativ montieren
  • Fokussierung der Kamera auf Manuell einstellen (Autofokus: Aus) und die Blende ganz öffnen
  • Ein möglichst weit entferntes klar abzeichnendes Objekt im Life-View-Modus anvisieren. Ideal ist die vielgenannte Kirchturmspitze oder auch ein Baukran
  • Das gewählte Objekt in die Mitte des Displays plazieren und die Vergrösserung des Displays maximieren, so dass das angewählte Objekt den Display fast ausfüllt
  • Mit dem Fokusring des Objektivs das Objekt maximal und sehr präzise scharf stellen.
  • Den Fokusring mit Klebeband (Malerkrepp) sorgfältig fixieren. Das ist besonders wichtig, wenn ein Transport der Ausrüstung zum Nachtplatz erfolgt.
  • Allenfalls den Vorgang mit weiteren Objektiven wiederholen, falls deren Einsatz ebenfalls geplant ist.
Perfekte Fokussierung - Die Gürtelsterne des Orion
Perfekte Fokussierung – Die Gürtelsterne des Orion
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