Die Ruinaulta (rätoromanisch für Rheinschlucht) entstand nach dem Flimser Bergsturz vor beinahe 10’000 Jahren. Damals brachen zwischen dem Flimserstein und dem Piz Grisch über 10’000 Mio. Kubikmeter Fels ab und begruben das Vorderrheintal zwischen Castrisch und Reichenau unter einer mehrere hundert Meter mächtigen Schuttmasse. Es handelt sich um den grössten Bergsturz der Alpen und einer der Grössten weltweit. Es bildete sich ein ca. 25 km langer natürlicher Stausee. Doch der junge Rhein schnitt sich im Laufe der Zeit durch die Schuttmassen und bildete so die Ruinaulta mit ihren steilen Kalkstein-Schuttklippen in imposanten Erosionsformationen.
Im Rahmen meines Langzeitprojektes «Die Rheinquellen» besuche ich die Rheinschlucht und erkunde sie ausgehend von Flims-Waldhaus via Caumasee und Conn (Aussichtsplattform «Il Spir»). Dann steige ich steil über die Isla Bella in die Schlucht hinab zur Chrummwag und wandere von dort durch die Schlucht zur RhB-Station Versam-Safien.
Fotografisches
Ich bin mit meiner Nikon D800 und den beiden Zooms 28 – 70 mm und 16 – 35 mm unterwegs, jedoch vernünftigerweise ohne Stativ. Diese Brennweiten decken den benötigten Bereich für diese Art von Landschaftsaufnahmen vollumfänglich ab.
Allerdings macht mir das hohe Gewicht dieser Ausrüstung mehr und mehr Mühe. Aber eben …
Der Caumasee
Ich erreiche Flims-Waldhaus von Chur aus mit dem Postauto und spaziere nach dem Startkaffee gemütlich hinunter zum berühmten Caumasee. Dieser besticht durch das intensiv leuchtende türkisfarbene Wasser. Weitere Besonderheiten sind die unterirdischen Zu- und Abflüsse sowie der sich stark ändernde Wasserstand – je nach Wetter und Jahreszeit.
Allerdings ist der See total touristisch erschlossen (eingezäunt und kostenpflichtig; mit Strandbad, Pedalos und Restaurant). Ich mache nur ein paar Bilder und gehe weiter Richtung Conn.
«Il Spir» bei Conn
Schnell erreiche ich den Weiler Conn mit dem bekannten Restaurant und einige Minuten später die Aussichtsplattform «Il Spir». Dazwischen erhasche ich erste Blicke auf mein Tagesziel: Die Rheinschlucht.
Il Spir (rätoromanisch für «Mauersegler») ist eine Aussichtsplattform bei Conn, südöstlich von Flims. Das Bauwerk wurde von der Churer Architektin Corinna Menn entworfen und im September 2006 eingeweiht. Mir gefällt die filigrane und bodenschonende Konstruktion mit nur vier Betonsockeln.
Die Plattform bietet einen spektakulären Blick über die 300 Meter tiefergelegene Rheinschlucht Ruinaulta.
Abstieg über die Isla Bella
Ein direkter Abstieg von Conn in die Schlucht gibt es wegen den senkrecht abfallenden Felswänden nicht. Ein grösserer Umweg und ein äusserst mühsamer Abstieg über die Isla Bella bringt mich dann endlich nach unten zur Eisenbahnbrücke über den Rhein zur Chrummwag. In diesem Waldstück bleibt immer etwas Zeit, um die Blumen am Wege zu bestaunen und zu fotografieren. Der Sommer ist auch auf dieser Höhe definitiv angekommen.
Und immer wieder ergeben sich während des Abstiegs interessante Tiefblicke, zum Beispiel auf die Mündung der Rabiusa in den Vorderrhein oder auf die Strasse der Felswand entlang hinauf nach Versam oder auch auf die paar Gebäude der Isla Davos im Talgrund.
Chli Isla, Chrummwag
Endlich erreiche ich den Talgrund bei der Eisenbahnbrücke der RhB über den Rhein. Die Bahn schlängelt sich genau wie der Rhein durch die gesamte Rheinschlucht. An ganz engen Stellen führt die Bahnstrecke durch Tunnels. Im Gegensatz zur Bahn ist die Rheinschlucht ab hier Richtung Reichenau bis fast zum Bahnhof Trin zu Fuss nicht mehr begehbar. Es gibt Ideen, dieses Teilstück für Wanderer ebenfalls noch zu erschliessen.
Wer aber überhaupt nicht wandern möchte, nimmt in Chur einfach die Bahn Richtung Disentis, mindestens bis Ilanz oder weiter über den Oberalppass nach Andermatt und geniesst die Rheinschlucht und die Surselva auf bequemere Art und Weise.
Jetzt braucht es nochmals einen kleinen Effort, um über die Chli Isla Halbinsel zu kraxeln. Ganz oben gibt’s ein Plätzchen für die Mittagspause mit schönem Blick talaufwärts. Anschliessend steige ich hinunter und wandere ohne weitere Anstrengungen Richtung Bahnhof Versam-Safien, brav entlang der Bahnlinie.
Versam-Safien
Entspannt – und froh, dass ich den mühsamen Abstieg von Conn hinter mir habe – marschiere ich Richtung der RhB Station Versam-Safien. Dazwischen gibt es doch noch einige Bilder der spektakulären Szenerie. Mich erstaunt das klare türkisfarbene Wasser nach der relativ langen Regenperiode. Ich hätte das eher schmutzig-braun erwartet.
Bei der Station Versam-Safien wartet der berühmte Glacier-Express – der langsamste Schnellzug der Welt, wie die Touristiker meinen – auf die Weiterfahrt. Die Bahn fährt eingleisig, so dass nur an bestimmten Stellen gekreuzt werden kann. Ich aber gehe an der Station vorbei, denn ich möchte noch einen weitere interessanten Abschnitt kennenlernen, bevor ich zur Station zurückkehre.
Hier führt die Bahnstrecke ganz eng an einer senkrechten Abbruchstelle vorbei. Um Schäden durch Steinschlag zu vermeiden, wurde ein Damm aufgeschüttet, über den nun auch der Wanderweg führt. So sind Bahn und Wanderer relativ gut geschützt.
Auch auf dem Rückweg gibt es noch einiges zu entdecken, so zum Beispiel die vielen ausgewaschenen Höhlen in den Felswänden aber auch skurrile Felsformationen mitten im Wald.
Aber jetzt ist Schluss. Ich bin wieder zurück am Bahnhof Versam-Safien und denke, dass jetzt ein kühles Bier keine schlechte Idee wäre. Ein kleines feines Beizli direkt beim Bahnhof mit freundlicher Bedienung lädt mich ein, die Wartezeit auf den Zug nach Chur und wieder nach Hause zu überbrücken.
See you soon.