Quellgebiet des Rein da Sumvitg
Die Greina-Ebene ist eine ungefähr sechs Kilometer lange und einen Kilometer breite Hochebene auf einer Höhe von rund 2200 Metern. Sie liegt geologisch in den Adula-Alpen an der Grenze Graubünden/Tessin. Der gleichnamige Pass (46.61052 N, 8.95973 E) ist einer der ältesten Nord-/Süd-Verbindungen und wurde schon von den Römern begangen. Die Biotopenvielfalt der Ebene ist aussergewöhnlich und einzigartig. Sie wurde 1996 als Schutzzone ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgenommen. Die Greina-Ebene soll Teil des für 2015 geplanten Parc Adula werden.
Bekannt wurde sie 1985, als gegen ein Staumauerprojekt landesweit protestiert wurde. Der Baubeginn war für 1991 geplant. Das Projekt wurde wegen des Widerstandes der Bevölkerung 1986 zurückgezogen.
Anmerkung zu den Bildern dieser Reportage: Die Bilder entstanden mit einer der frühen Digitalkameras (Nikon Coolpix 990) von einem unerfahrenen Fotografen. Sie entsprechen nicht mehr meinen heutigen Anforderungen an die Bildqualität.
Zwei-Tages-Wanderung von Vrin über die Greina nach Campo Blenio (Tag 1)
Am 29. Juli 2002 erreichen wir (meine Tochter und ich) nach einer langen Anfahrt das Dörfchen Vrin im Val Lumnezia GR für eine Wanderung über die Greina-Ebene nach Campo Blenio im Tessin. Glücklicherweise erspart uns ein Alpentaxi einen einstündigen Anmarsch auf Asphalt sowie 220 Höhenmeter zum eigentlichen Startort Puzzatsch auf 1667 m ü. M.
Von hier geht es aber endgültig los; zuerst gemächlich und dann steil hoch Richtung Pass Diesrut auf 2428 m. Wir folgen dem Aua da Diesrut, einem Seitenbach des Glogn. Im Hintergrund in der Bildmitte wird der Piz Canal sichtbar (2846 m).
Der Blick zurück bietet eine fantastische Aussicht ins Val Lumnezia mit dem Dörfchen Puzzatsch (unserem Startort). Im Hintergrund der Piz Aul.
Es scheint ein viel versprechender Wandertag zu werden.
Aufstieg zum Pass Diesrut
Dann geht es aber zügig vorwärts Richtung Passhöhe. Der Pass Diesrut ist eine Wasserscheide zwischen dem Rein da Sumvitg und dem Glogn im Val Lumnezia. Beide fliessen in den Vorderrhein bei Sumvitg bzw. Ilanz. Immer wieder halte ich still, um ein paar Fotos zu schiessen und um zu verschnaufen. Meine Tochter läuft leichten Schrittes voraus – ja, man wird halt älter.
Die Passhöhe
Aber bald wird es flacher und die Passhöhe ist erreicht. Der plötzliche Ausblick auf die Greina-Ebene ist spektakulär. Man bekommt das Gefühl auf einem fremden Planeten gelandet zu sein. Unvorstellbar, dass hier eine graue Betonmauer (rechts unten im Bild) und ein öder Stausee geplant war. Ich denke, der Protest der Bevölkerung war mehr als gerechtfertigt.
Die Terrihütte S.A.C.
Jetzt folgt ein ruppiger Abstieg von ca. 230 Hm bis auf den Grund der Ebene, dann über eine kleine Brücke und nach einem ebenso ruppigen Gegenanstieg von 50 Hm um den Muot la Greina erblicken wir unser heutiges Tagesziel: die Terrihütte S.A.C. Sie liegt auf einer kleinen Anhöhe in wunderbarer Lage. Wie man sieht, sind wir hier nicht alleine; die Greina-Ebene ist ein beliebtes Wanderziel.
Nachtrag zur Terrihütte S.A.C.: Die Hütte wurde 1925 errichtet. Weitere Umbauten erfolgten 1973 und 1993. Im Jahr 2007 wurde sie komplett renoviert und durch einem modernen Anbau erweitert.
Spektakulär ist der Blick hinab ins Val Sumvitg und ins quer verlaufende Vorderrheintal. Rechts im Bild der Tödi mit seiner markanten Schneekuppe.
Unterkunft und Verpflegung sind trotz der hohen Auslastung ausgezeichnet und nach einem verdienten Feierabend-Bier geht’s in die Schlafsäcke. Morgen soll es für die leichte Wanderung über die Ebene zum Greina-Pass wieder ein wunderschöner Tag werden.
Wanderung von der Terri-Hütte über die Greina-Ebene nach Campo Blenio (Tag 2)
Und tatsächlich begrüsst uns ein herrlicher Morgen mit stahlblauem Himmel. Die Sicht bis in die Glarner- und Urnerberge ist einfach fantastisch. Aber wir verlieren nicht viel Zeit; wir wollen nach dem Frühstück zu unserer Wanderung über die Greina aufbrechen. Der Weg ins Tessin ist zwar nicht allzu anstrengend, aber doch recht lang.
Kurz nach dem Verlassen der Terrihütte, welche sich zum Abschied nochmals im besten Licht präsentiert (mit dem Piz las Palas im Hintergrund), erhaschen wir den ersten Einblick in die Greina-Ebene mit dem Piz Ner und dem Pizzo di Güida im Hintergrund.
Der Tessiner Wissenschaftler Plinio Grossi bezeichnet die Greina als «geologisches Museum, botanischen Garten, Berginsel, Wunderkorridor und Überraschungsschaufenster». Und in der Tat, die Mäander der Wasserläufe und die Pflanzenwelt sind aussergewöhnlich und einzigartig. Aus diesem Grund wurde die Greina-Ebene als Schutzzone ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler der Schweiz von nationaler Bedeutung aufgenommen.
Der Greina-Pass
Unsere Wanderung geht weiter auf leichten Wegen Richtung Greina-Pass, welchen wir bald erreichen und für eine längere Rast vor dem Abstieg ins Tessin nutzen.
Der Greina-Pass (ital. Passo della Greina) bildet eine Wasserscheide zwischen Nordsee (Alpenrhein, Rhein) und Mittelmeer (Ticino, Po), ist also Teil der Europäischen Hauptwasserscheide, welche sich in dieser Gegend markant nach Süden wendet. Der Pass wurde zusammen mit dem Lukmanierpass schon von den Römern genutzt.
Nach einer kurzen Einkehr und Stärkung in der Capanna Scaletta CAS nehmen wir den beschwerlichen und langen Abstieg (1’100 Hm) ins Val Camadra bis Campo Blenio in Angriff. In Erinnerung bleiben zwei erlebnisreiche Tage in einer fantastischen und geheimnisvollen Gegend in den Schweizer Bergen. Hoffentlich bleiben diese schützenswerten Orte unserer Nachwelt lange erhalten.
See you soon.