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Durch Nacht zum Licht

Sonnenaufgang über dem Altberg

«Zur rechten Zeit am richtigen Ort.» Das ist einer der wichtigsten Grundsätze für Fotografen. Für gute, aussagestarke Landschaftsbilder bedeutet das in der Regel früh morgens oder spät abends, wenn die Sonne tief am Himmel steht. Nur dann liefert das flach einfallende Licht deutliche Strukturen und eine gute Tiefenwirkung.

Sehr spannend sind Aufnahmen am frühen Morgen zur blauen Stunde und kurz nach Sonnenaufgang. Die Sache hat allerdings einen Hacken: Man muss früh in der Dunkelheit raus, damit man mindestens eine Stunde vor Sonnenaufgang am richtigen Ort ist. Jetzt im Oktober ist das nicht mehr so schwierig, da die Sonne erst ungefähr um acht Uhr aufgeht (Sommerzeit).

Ich habe herausgefunden, dass am 21. Oktober die Sonne ziemlich genau über dem Säntis aufgeht, wenn ich auf dem Aussichtsturm Altberg bei Dänikon stehe. Die genauen Daten: Blaue Stunde Beginn: 07:22 Uhr; Sonnenaufgang: 07:55 Uhr. Ausserdem haben wir zur Zeit relativ viel Nebel im Tal, welcher sich erst gegen Mittag auflöst. Diese Konstellation könnte einige interessante Aufnahmen ermöglichen.

Also marschiere ich früh Morgens los und steige mit Stirnlampe bewaffnet durch den stockdunklen Wald hoch zum Altberg (ca. 40 Minuten). Wegen des Nebels beträgt die Sicht trotz Licht nur einige Meter. Aber ich kenne den Weg; somit ist das kein Problem. Noch nicht ganz oben, sehe ich die ersten Sterne – das scheint schon mal zu klappen. Kaum bin ich oben auf dem Aussichtsturm beginnt der Himmel sich aufzuhellen – die Blaue Stunde beginnt (07:25 Uhr). Schnell Stativ aufgestellt, Kamera mit Grauverlaufsfilter montiert und dann geht’s los.

Das erste brauchbare Bild ist noch etwas flau in den Farben, aber die Silhouette des Alpsteins ist schon deutlich zu sehen. Genau dort muss in kurzer Zeit die Sonne erscheinen.

70 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.3 ND.
70 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.3 ND

Schon einige Minuten später färbt sich der Himmel rot. Zum Glück hat es einige interessante Wolkenformationen, welche den Himmel beleben.

35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.3 ND
35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.3 ND

Unmittelbar vor Sonnenaufgang werden die Konturen der Alpsteinkette wieder deutlich sichtbar. Diesmal mit einem 300 mm Teleobjektiv aufgenommen. Auf dem Säntis sieht man sogar den grossen Sendemast. Der Himmel ist vollständig ins orange Licht der aufgehenden Sonne getaucht.

300 mm KB, Blende 8, ISO 200
300 mm KB, Blende 8, ISO 200

Nun ist es soweit. Die Sonne zeigt sich – wie vorhergesagt – über dem Alpstein, genauer: über dem Wildhauser-Schafberg. Noch kann man direkt in die Sonne fotografieren ohne Überbelichtungen zu riskieren. Das wird aber in den nächsten Minuten vorbei sein.

300 mm KB, Blende 8, ISO 200
300 mm KB, Blende 8, ISO 200

Es wird Tag. Langsam wird die ganze Gegend in das stärker werdende Tageslicht getaucht und die bunten Herbstfarben der Laubbäume beginnen herrlich zu leuchten. Jetzt ist wieder ein starkes Weitwinkelobjektiv gefragt, um die Weite der Landschaft einzufangen.

17 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.6 ND.
17 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.6 ND

Das Furttal liegt noch unter dem dichten Nebel. Im Hintergrund im Norden der Hügelzug der Lägern mit dem grossen Flugsicherungs-Radar auf der Hochwacht. Im Vordergrund der prächtige Herbstwald des Altbergs unter mir. Ich stehe ja auf dem Aussichtsturm 33 m über dem Boden.

35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.6 ND.
35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.6 ND

Ich wende mich aber wieder dem Gegenlicht zu. Zum Glück bin ich alleine auf dem Turm, da stört die laufende Umstellung des Stativs niemanden. Ich traue meinen Augen nicht. Der Nebel steigt langsam den Berg hinauf und verändert die Szenerie im Minutentakt. Es wirkt irgendwie mystisch aber begeisternd, wie der neue Tag allmählich die Macht übernimmt. Wie heisst es so schön in der Zauberflöte: «Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht.»

35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.9 ND
35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.9 ND

Ich stehe da und staune … und ab und zu drücke ich auf den Auslöser. Traumhaft. Das «frühe» Aufstehen hat sich gelohnt. Es ist mittlerweilen 08:50 Uhr – die «Waldschenke Altberg» öffnet um 9 Uhr – perfektes Timing für einen heissen Kaffee.

35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.9 ND
35 mm KB, Blende 8, ISO 200, Grauverlaufsfilter 0.9 ND

Zur Aufnahmetechnik: Alle Aufnahmen mit der Sony Alpha 850 und verschiedenen «alten» Minolta-Objektiven. Selbstverständlich mit Stativ wegen der langen Belichtungszeiten.

Die Lichtverhältnisse waren wegen des hohen Lichtwertumfangs sehr schwierig. Um Unter- und/oder Überbelichtungen zu verhindern, ist ein Grauverlaufsfilter meist zwingend notwendig. Ich verwende 0.3 ND (1 Blendenstufe), 0.6 ND (2 Blendenstufen) und 0.9 ND (3 Blendenstufen) mit weichem Übergang. Ich benutze die Filter in Form von Glasscheiben, welche ich in einem Halter in der Höhe einstellen kann.

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