Vom Flüelapass über den Grialetschpass nach Dürrboden
Die heutige Wanderung führt mich in ein hydrologisch interessantes Gebiet – nämlich zur Europäischen Hauptwasserscheide zwischen Schwarzem Meer und Nordsee. Dort befindet sich das Quellgebiet des Hauptfliessweges des Alpenrheins. Gemeint ist damit der Fliessweg mit der grössten Wassermenge (im Gegensatz zum Quellgebiet mit der grössten Mündungsferne).
Ich starte die Wanderung gleich hinter der Flüelapasshöhe (Abzweigung Schwarzhorn) und steige zügig hoch (rechts im Bild), um auf den Höhenweg hoch über dem Val Grialetsch zu gelangen. Der Blick zurück Richtung Passhöhe bietet ein tolles Panorama an einem herrlichen, wolkenlosen Wandertag.
Schon bin ich auf der Höhe der Stavel da Ravent mit den beiden kleinen Bergseelein. Nach einer kurzen Pause und einigen Bildern gehe ich weiter, leicht steigend Richtung Grialetschhütte. Von nun an bin ich mutterseelenallein unterwegs. Also Vorsicht!
Immer wieder verweile ich, um die Aussicht zu geniessen und zu verschnaufen, vor allem aber, um einige Bilder zu schiessen. Umsonst habe ich ja den schweren Krempel nicht mitgeschleppt. Hier geht der Blick runter ins Val Grialetsch sowie ins Val Suscasa, welches hinunter nach Susch ins Engadin führt.
Begegnungen
Plötzlich bin ich nicht mehr allein. Vor mir sonnt sich eine ganze Familie Murmeltiere in den Felsen. Als sie mich sehen, verschwinden sie sofort in ihren Verstecken. Ich aber stehe still und nehme mir die Zeit, das Teleobjektiv zu montieren, in der Hoffnung, dass die Tiere wieder auftauchen. Das taten sie auch nach sehr kurzer Zeit!
Die Grialetschhütte S.A.C.
Eigentlich sollte ich bald die Grialetschhütte zu Gesicht bekommen. Davor muss ich einige ganz mühsame Blocksteinfelder queren. Eine wackelige und nicht ganz ungefährliche Sache – vor allem, wenn man allein und ohne Mobilfunk-Empfang unterwegs ist.
Aber nach kurzer Anstrengung ist es soweit. Ich bin nahe der schön gelegenen Grialetsch S.A.C.-Hütte auf 2542 m ü. M. Hier bin ich nicht mehr allein, hat es doch einige Wanderer, welche vom Dürrboden aufgestiegen sind, meinem heutigen Wanderziel unten im Talboden des Dischmatals. Die Bedienung in der Hütte ist übrigens ausserordentlich freundlich.
Ich mache eine ausgiebige Pause bei der Hütte und geniesse die herrliche Sicht auf die umliegenden Gipfel an diesem aussergewöhnlich schönen und wolkenlosen Tag.
Gleich hinter der Hütte liegt ein kleiner See. Dieser ist der letzte Quellsee nahe bei der Wasserscheide. Sein Wasser fliesst noch in das Schwarze Meer; aber gleich dahinter liegt die Fuorcla da Grialetsch – hier verläuft die Europäische Hauptwasserscheide zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee.
Der Furggasee
Sofort hinter der Wasserscheide liegt das kleine unscheinbare Furggaseeli. Ihn verlässt der Furggabach Richtung Dischmatal als einer der Hauptfliesswege des Alpenrheins. Man muss sich vorstellen, dass dieses Wasser nach einer langen Reise irgendwo in Holland in die Nordsee fliesst und auf kompliziertem Weg als Regen und/oder Schnee irgendwann wieder zurückkommt.
Der Abstieg nach Dürrboden
Weitere Quellbäche kommen vom Scalettapass sowie vom Scaletta-Gletscher. Alle diese Gebirgsbäche vereinigen sich im Bereich Dürrboden zum Dischmabach, welcher durch das gleichnamige lange Tal Richtung Davos fliesst, wo er auf die Landwasser trifft. Diese wiederum fliesst weiter bis Filisur/Alveneu und mündet dort in die Albula. Dann geht es weiter bis Thusis zum Hinterrhein und weiter bis Reichenau zum Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein.
Fakten
Rekapitulation: Was bedeutet hydrologischer Hauptfliessweg? Geht man flussaufwärts und bei jedem Zusammenfluss zweier Fliessgewässer entscheidet man sich für den wasserreicheren Zweig, so endet man zwangsläufig an der Quelle des hydrologischen Hauptfliessweges. Und das ist im Falle des Alpenrheins der erwähnte Furggasee bei der Fuorcla da Grialetsch.
Ich betone: Alpenrhein. Der hydrologische Hauptfliessweg des gesamten Rheinsystems liegt an einem ganz anderen Ort in den Schweizer Alpen. Doch davon später.
Beim Dürrboden reicht es gerade noch für ein Bier, bevor mich der Bus zurück nach Davos bringt. Von dort geht es auf die lange Heimreise nach einem spannenden und anstrengenden Tag mit fantastischem Wander- und Bergwetter.
See you soon.